Eine zweite Chance ist wichtig: ‘Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.’

Eli Badran

Als ich im Alter von 25 Jahren als Ressourcenentwickler bei House of Grace zu arbeiten begann, konnte ich nicht umhin zu fühlen, dass es Teil von Gottes Plan war, mir zu helfen, das wichtigste Gebot zu erfüllen: ‘Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.’ (Mt 22:39); und es war einfach! Ich genoss meine langen Gespräche mit Gefangenen in unserem Rehabilitationsprogramm, mit den gefährdeten Jugendlichen im Jugendclub gab mir große Befriedigung, und mit zu helfen bei den Lebensmittelpaketen für bedürftige Familien ließ mich erkennen, wie wahrhaftig der Vers ‘Es ist seliger zu geben als zu empfangen’ (Apg 20:35) ist.

Endlich, dachte ich, könnte ich geistlich wachsen, ich kann der barmherzige Samariter sein, der Lichtträger, ein wahrer Christ… und erfreut vor Hochmut war ich.

Es war ein normaler Tag im Büro, und ich war beschäftigt mit dem Schreiben von Anträgen und Berichten und dem Beantworten von Telefonanrufen, als ein Mann, der fast nichts als eine Decke trug, den Raum betrat. Er schien Ende fünfzig zu sein, mit einem glühenden roten Gesicht, torkelnd durch das Büro, kam er schließlich an meinem Schreibtisch an. Mit starkem Stottern murmelte er etwas in einer Sprache, die ich nicht identifizieren konnte. Nicht nur, dass ich nicht verstehen konnte, was er zu sagen versuchte, ich war auch schockiert von dem üblen Geruch. Ich rief Thomas Shehade, bat ihn dringend ins Büro zu kommen und zu sehen, was dieser Mann wollte. Anscheinend war der alte Mann obdachlos und suchte Hilfe. Da es im Büro keine Fenster gab, war es mir wichtig, Thomas klar zu machen, dass er seine Versuche, mit diesem Mann draußen zu reden, fortsetzen und die notwendigen Telefonanrufe später machen sollte. Es schien, als ob Thomas nicht wirklich verstand, was ich sagte, obwohl er den alten obdachlosen Mann zu verstehen schien.

Zwei Tage später kam ich ins Büro und traf einen Mann mittleren Alters im Wartezimmer. Mit einem schüchternen Lächeln begrüßte er mich und bat mich freundlich um Hilfe, ein paar Telefonanrufe zu tätigen. Wir wechselten ein paar Sätze, kurz bevor Thomas kam und den Mann bat, ihn hinaus zu begleiten. Irgendwann später kam Thomas zurück und ich konnte nicht widerstehen zu fragen, wer dieser Mann war; “Erkennst du ihn nicht? Er ist der Mann, den du neulich gesehen hast,” antwortete Thomas, unfähig, sein Grinsen zu verbergen, als ob er wusste, dass seine Antwort mich überraschte wie ein Eimer Eiswasser, der mir über den Kopf geschüttet wurde.

Die Wahrheit ist, diese Erfahrung im Alter von 25 Jahren hat meine Sicht auf Leben und Glauben endgültig verändert. Ich habe gelernt, wie Umstände das Wesen des Menschen, erschaffen im Bilde Gottes, nicht verändern, aber wie einfach es für uns ist, jemandem den Respekt und das Mitgefühl zu verweigern, die er verdient. Während das Gebot ‘Liebe deinen Nächsten wie dich selbst’ auf den ersten Blick einfach zu befolgen scheint, ist es immer einfacher, diejenigen zu verurteilen und zu verdammen, die unsere Hilfe brauchen, und sie abzuweisen oder uns von der Hilfeleistung zu entschuldigen, da wir einfach nicht mit dem umgehen können, was wir nicht mögen. Glaube ist eine Beziehung der Liebe zwischen einer Person und Gott, und gleichermaßen einer Person und seinem ‘Nächsten’, und ich bete, dass Gott mir den Mut und die Bescheidenheit gibt, dieser Mission gerecht zu werden.

Artikel teilen:

Zum Thema passende Artikel